In der Vergangenheit war die Dokumentation, wie etwa das Qualitätsmanagement Handbuch, der Grundpfeiler jedes Qualitätsmanagementsystems. Aufgrund der zahlreichen Dokumente, die letztlich das QM-System in seiner Fülle beschreiben, eilte dem Qualitätsmanagement der Ruf voraus, Papier lastig und trocken zu sein. Der hohe Zusatzaufwand für die Pflege der Dokumente, die Durchführung von internen Audits, die Prüfmittelverwaltung, die Lieferantenbewertung und die Erstellung von Prozessbeschreibungen wurde als notwendiges Übel akzeptiert, um die nächste Zertifizierung zu bestehen und das Zertifikat in der Lobby zu erneuern. In diesem Beitrag werden einige Vorteile und Beispiele der digitalen Transformation für das QM vorgestellt.
Digitale Transformation des QMs
Qualitätsmanagement als Insellösung ist out. Zwar sind weiterhin Qualitätsabteilungen und - verantwortliche nötig, doch das QM wird stärker am Prozess ausgerichtet. Und dadurch wird die Querschnittsfunktion des QM gestärkt und Mitarbeiter vermehrt in das QM integriert.
- Der, den Du im Spiegel siehst ist für Qualität verantwortlich –
Digitalisierung bringt das QM näher an die Mitarbeiter, weil eben nicht immer ein Qualitätsverantwortlicher nötig ist, um für Qualität zu sorgen. Das System integriert die Qualitätsanforderungen in die Wertschöpfung und damit auch die Mitarbeiter in das QM System.
Hier zeichnen sich drei Trends ab:
- QM wird direkt in mit dem ERP System des Unternehmens verknüpft
- QM wird über spezielle QM Software außerhalb des ERP Systems betrieben
- QM wird über eine Standardsoftware außerhalb des ERP Systems betrieben
Wünschenswert wäre natürlich die direkte Integration des QM in das ERP System. Allerdings ist solch ein leistungsstarkes ERP System teuer in der Anschaffung und kann daher oftmals nicht von kleineren Betrieben (wie z.B. Handwerksbetrieben) implementiert werden. Doch selbst ein digitales QM System, das außerhalb des ERP Systems betrieben wird, bringt eine Reihe von Vorteilen.
Vorteile der digitalen Transformation des QMs
Die reine Sicherung von QM Dokumenten als digitales Datum auf einem Fileshare gehört zwar zur Digitalisierung, hat aber nichts mit digitaler Transformation zu tun. Im Folgenden einige Beispiele für die digitale Transformation des QMs:
- Unternehmensprozesse sind nicht nur auf Papier existent, sondern fest in die IT-Unternehmens Infrastruktur integriert.
- Routineaufgaben werden automatisiert erledigt (E-Mails versenden, Dokumente updaten, Ist-Werte erfassen, usw.)
- Es werden automatisch anfallende Leistungsdaten aufgezeichnet und bezüglich der Zielerreichung ausgewertet.
- Medienbrücke werden durch Direkteingaben (im Feld z.B. durch mobile Endgeräte) minimiert.
- Jeder Mitarbeiter hat Zugriff auf für Ihn wichtige Dokumente – min minimalem Suchaufwand.
- Das System erinnert automatisch an wichtige Termine.
Natürlich existieren neben den oben genannten zahlreiche weitere Beispiele.
An dieser Stelle soll auf die anfallenden Investitionskosten für die IT-Infrastruktur verwiesen werden. Ob und inwiefern sich die digitale Transformation für ein Unternehmen lohnt, ist natürlich stark von der Branche und den Kernprozessen des Unternehmens abhängig und im individuellen Fall zu prüfen.
Digitalisierung bestimmter QM Anwendungen
Um die Chancen zu konkretisieren, die die Digitalisierung dem Qualitätsmanagement bietet, schauen wir uns einige Aufgaben an, die im Rahmen eines QM-Systems anfallen:
- Prüfmittelverwaltung
- Dokumentenmanagement
- Kunden Reklamationsbearbeitung
- Maschinenwartung
- Prozessdokumentation
- Lieferantenaudits
- Wareneingangsprüfung & Mängelrügen
Hinter jeder der o.g. Aufgaben verbirgt sich enormes Verbesserungspotenzial durch die Nutzung von digitalen Systemen. Insbesondere der Aufwand für das Einscannen von Dokumenten und das Suchen von Dokumenten lässt sich in jeder dieser Aufgaben drastisch reduzieren.
Prüfmittelverwaltung
Aufgrund der hohen Komplexität der Prüfmittelverwaltung sind in diesem Bereich einige Unternehmen verhältnismäßig gut digitalisiert, auch wenn dazu oftmals nur isolierte Software eingesetzt wird. Die Integration der Prüfmittelverwaltung in das ERP System kann z.B. Messmittel, die gerade bei der Kalibrierung sind, für die Arbeitsplanung berücksichtigen.
Dokumentenmanagement
Auch im Dokumentenmanagement herrscht viel Betrieb, weshalb auch in diesem Bereich häufig Software eingesetzt wird. So ist die Lenkung der Dokumente nach DIN EN ISO 9001 sichergestellt und ältere Versionen sind für den Mitarbeiter nicht mehr abrufbar.
Kunden Reklamationsbearbeitung
Die Bearbeitung von Reklamationen ist eine zentrale Aufgabe des Qualitätsmanagements. Hier sollte unbedingt ein standardisierter Prozess vorhanden sein. Jede Reklamation wird als eigener Fall angelegt und die Software unterstützt den Bearbeiter dabei, sich entlang des Prozesses zu bewegen. Alle anfallenden Daten, wie Produktdaten, Fehlerbeschreibung, Testergebnisse und Ansprechpartner beim Kunden inklusive Kommunikationshistorie werden strukturiert und abrufbar gesichert. Die Verknüpfung dieses Bausteins mit einer 8D-Software erleichtert dem Anwender die Nutzung und spart viel Zeit. 8D Berichte können aus der entsprechenden Software automatisch generiert und an den Kunden geleitet werden.
Maschinenwartung
Gerade in Unternehmen, die über viele Anlagen verfügen, ist die Planung der Maschinenwartung ein kritischer Prozess. Um keine Engpässe in der Produktion zu erzeugen, muss die Instandsetzung dauerhaft mit der Produktionsplanung abgestimmt werden. Ein geteilter Google-Kalender ist zwar ein Anfang, doch wie wäre es, wenn das PPS-System die Wartungen automatisch bei der Berechnung der wöchentlichen Kapazitäten berücksichtigt? Dazu müssen die Systeme integriert werden. Gerade bei der Maschinenwartung geht die Digitalisierung noch einen Schritt weiter: Durch die Nutzung von KI-Diensten können Wartungsintervalle angepasst werden, um die Auslastung weiter zu optimieren. Mehr Informationen zu der Nutzung von KI finden Sie in unserem Blogbeitrag Künstliche Intelligenz.
Prozessdokumentation
Ein PDF-Dokument, dass die Prozesslandkarte eines Unternehmens enthält ist zwar schön anzusehen, liefert dem Anwender jedoch keinerlei Vorteile. Wie wäre es mit einer interaktiven Karte, in der die jeweiligen Prozesse durch Anklicken vergrößert werden und die einzelnen Aktivitäten sichtbar sind? Die Detailtiefe ist durch den Anwender bestimmbar. Werden die Prozesse modifiziert, so entfällt jeglicher Aufwand für das Update der Dokumente im ganzen Unternehmen. Die interaktive Karte kann dann mit Echtzeitdaten zu den jeweiligen Prozessen ergänzt werden und eignet sich als Controlling Instrument.
Lieferantenaudits
Die Planung und Durchführung von Lieferantenaudits lässt sich mit einer entsprechenden Lieferantendatenbank verknüpfen. Werden die Reklamationen aus dem Wareneingang dort automatisch hinterlegt, so kann das System entschieden, wann welcher Lieferant auditiert wird (wenn etwa im vergangenen Jahr vermehrt Reklamationen angefallen sind) und einen Auditplan erstellen. Der Auditplan lässt sich weiter auf die einzelnen Lieferanten kaskadieren. Für jeden Lieferant kann die Listung der Audit Feststellungen inklusive Aktionsverfolgung und Sammlung der Belege für erfolgreiche Abstellmaßnahmen eingesehen werden.
Wareneingangsprüfung & Mängelrügen
Lästiges nachschlagen über das Prüfniveau lässt sich vermeiden, wenn im System für jedes Kaufteil ein Prüfniveau festgelegt wird. Dieses kann sich auch automatisch verändern, wenn der Lieferant durch fehlerhafte Teile ein höheres Prüfniveau erfordert. Um Medienbrüche und Doppelarbeit zu vermeiden, sollten Mängelrügen vom Qualitätsprüfer direkt in das System eingegeben werden. Dort sind diese dann für alle Beteiligten sichtbar und anhand der Bestellnummer wird die zugehörige Bestellung und der eingescannte Lieferschein verknüpft.
Ausblick
Die digitale Transformation ist zwar aufwendig und mit Investitionskosten verbunden, aber auch für kleinere Unternehmen durchzuführen. Die eingesparte Arbeitszeit durch geeignete Software kann für wertschöpfende Aktivitäten verwendet werden.
Die oben genannten Punkte stellen nur einen groben Einblick in das QM der Zukunft dar. Insbesondere die Verknüpfung von Unternehmenssystemen mit Cloud Services wie Microsoft 365 oder Google bringt zahlreiche weitere Rationalisierungsvorteile.
Die digitale Transformation hat schon begonnen. Unternehmen, die in den nächsten Jahren wettbewerbsfähig bleiben wollen, werden früher oder später auf diesen Zug aufspringen. Es ist nicht mehr die Frage, ob ein Unternehmen digital wird, sondern nur noch wann der beste Zeitpunkt dafür ist.